Kein großer Wurf

Diskussionsbeitrag von Dr. Hans-Peter Schlaudt im "Das Krankenhaus" 1/2023 - Eine praxisorientierte Einordnung der 3. Stellungnahme der Regierungskommission zur grundlegenden Reform der Krankenhausvergütung

Angekündigt als Gamechanger, verdeutlicht die Reform zur Krankenhausvergütung einmal mehr, dass es weder um den Bürger noch um die Mitarbeiter im Gesundheitswesen geht. Die Kommission hat gute Vorschläge zur integrierten regionalen Planung angedeutet, liefert am Ende aber ein neues, kompliziertes Finanzierungssystem. Der Wettbewerb der Kliniken wird durch Kooperationsdruck und Abstimmungszwang ersetzt. Zur weiteren Verstärkung wird ein komplexes, aufwendiges und teuer zu etablierendes System geschaffen, das die heutigen Probleme jedoch nicht löst, sondern die finanzielle Schieflage vieler Kliniken verschärfen wird. Echte und notwendige grundsätzliche Strukturreformvorschläge werden an wichtigen Schnittstellen auf zukünftige Stellungnahmen vertagt. Es entsteht der Eindruck, es soll weiter in gewohnter Manier scheibchenweise im Gesamtsystem herumgedoktert werden. Notwendig wäre ein großer Wurf, der die Grundsätze der Gesundheitsversorgung ganzheitlich und nachhaltig skizziert und dann am Beispiel Klinikfinanzierung durchdekliniert. Wenn das Ziel sein sollte, den Patienten einen zeitnahen Zugang zu einer qualitativen hochwertigen Versorgung zu gewährleisten, dann ginge dies mit deutlich weniger Aufwand: eine gesetzliche Krankenkasse pro Bundesland, eine übergreifende Versorgungsplanung auf regionaler Ebene durch die Länder mit den Regionen und eine regionale Versorgungssteuerung durch professionelles Management. Die Definition einer bundeseinheitlichen „Kostenkopfpauschale“ für Gesundheitskosten könnte als Richtwert für die Ermittlung von Regionalbudgets und als Finanzierungsrahmen der gesetzlichen Krankenversicherung dienen. Wie dann mit dem ermittelten Budget (Kostenpauschale pro Bürger/Einwohner) die Leistungserbringung organisiert wird, läge an der regionalen Ausgestaltung und den eingesetzten Ressourcen.

Die Chancen der Digitalisierung sowie die existenzielle Notwendigkeit, Bürokratiekosten, also nicht wertschöpfenden Aufwand abzubauen und die notwendigen Verbesserungen für die Versorgung der Patienten zu schaffen, sind in der vorliegenden Stellungnahme nur angedeutet zu finden. Für die Kliniken ist keine finanzielle Verbesserung in Sicht, im Gegenteil. Durch die Einführung und den Mechanismus der anteiligen Vorhaltekosten und die damit verbundene Absenkung der Vergütung der „rDRG“ wird der Leistungsdruck für die Kliniken sogar erhöht. Es ist bemerkenswert, dass eine Regierungskommission die Lage im Krankenhausbereich derart verkennt und keine Vorschläge zur Entbürokratisierung in die Stellungnahme einbettet. Ressourcenschonung, Nachhaltigkeit und Steigerung der Wertschöpfung heißt auch, Ballast abzuwerfen.

Das Prinzip Perspektivlosigkeit

Die Regierungskommission stellt ihre Sicht auf die aktuelle Krankenhausfinanzierung, die Fehlanreize in der Mengenausweitung und die fehlenden Anreize für die ambulante Versorgung dar. Sie beschreibt die gesetzlichen Grundlagen der wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und die damit verbundenen Ziele, die rechtlichen Grundprinzipien der aktuellen Fallpauschalen (DRG) sowie die unzureichende Investitionskostenfinanzierung durch die Bundesländer. Die getrennte und unabgestimmte Planung und Ausgestaltung von stationärer und ambulanter Versorgungsplanung wird thematisiert und eine engere Verzahnung der ambulanten und stationären Bereiche gefordert. Diese Verzahnung soll zukünftig durch verbesserte ambulante Vergütungsanreize erreicht werden.

Hier bleibt zu hoffen, dass beispielsweise die Institutsambulanzen für Krankenhäuser, also die vollwertige Berechtigung zur Teilnahme an der ambulanten Versorgung endlich kommt. Die Bildung von regionalen ambulant/stationären Versorgungsclustern wird angerissen, aber in seinen Wirkungen nicht durchdekliniert, obwohl in der punktgenauen und bedarfsgerechten regionalen und digitalen Steuerung der Gesundheitsleistungen die Zukunft liegen wird. Die wichtige sektorenübergreifende Versorgung soll leider erst Thema einer nächsten Stellungnahme werden.

Das Problem der aktuellen DRG-Vergütung wird primär in den Risiken der unangemessenen Ausweitung von stationären Behandlungen und Übertherapie gesehen. Die Kommission stellt darüber hinaus dar, dass in vielen Kliniken Leistungen erbracht werden, für die diese technisch und strukturell nicht geeignet seien, und sehen die Ursache in einer ungenügend detaillierten Krankenhausplanung der Bundesländer. Damit könne der demografischen Entwicklung mit ihrem wachsenden Fachkräftemangel, dem gleichzeitig steigenden Versorgungsbedarf der alternden Gesellschaft und den massiven Mindereinnahmen der Sozialversicherungen nicht begegnet werden.

Die bisherigen Maßnahmen des Gesetzgebers, durch Reglementierungen, Struktur- und Qualitätsanforderungen der Leistungsausweitung entgegenzuwirken, werden als wichtige Instrumente dargestellt. Auf die Definition von Mindesterreichbarkeiten in ländlichen Regionen und bereits eingeführte Sicherstellungszuschläge wird hingewiesen. Zum Schutz vor Überlastung des Personals seien die Pflegepersonaluntergrenzen eingeführt worden. Bisher seien alle diese Maßnahmen jedoch nicht mit der Krankenhausplanung verknüpft, das soll mit dem Vorschlag der Kommission nun erfolgen. Krankenhausplanung ist allerdings Ländersache. Die Kommission verbindet also die bisherigen, offensichtlich als richtig eingeschätzten Maßnahmen nun noch stärker mit dem Vergütungssystem. Aus Sicht der Kommission hat die ungenügende Investitionsfinanzierung der Bundesländer die Kliniken zunehmend ausgezehrt, weshalb die Regierungskommission zu einem späteren Zeitpunkt auch eine Reform der Investitionsfinanzierung vorlegen will.

Leider trifft die Lagebeschreibung nicht den Kern der Probleme der Kliniken: Die Fallkostenerstattung über das DRG-System ist unzureichend. Die Fallzahlen in den Notaufnahmen steigen jährlich zweistellig. Der Personalmangel schränkt die Arbeitsfähigkeit ein und überlastet das System.

Zwischen den Ländern und den Regionen bestehen in Bezug auf die Vorhaltung von Krankenhausbetten gravierende Unterschiede. Ebenso unterschiedlich sind die Strukturen im ambulanten ärztlichen Bereich, der Pflege etc. In den Ballungszentren besteht eher eine Überversorgung, in der Fläche eine Unterversorgung. Ziel sollte es doch sein, in allen Regionen vergleichbare Gesundheitsangebote aufrechterhalten zu können. Systemisch betrachtet, müssen daher die Gesamtkosten reduziert werden. Hierzu wäre ein breiter, grundlegender und alle Bereiche der Versorgung und Verwaltung umfassender Ansatz von Reformschritten dringend notwendig.

Die Grundprinzipien der Reform

Die Kommission versucht, bundeseinheitliche Versorgungslevel in die Krankenhausplanung der Länder einzuführen – ein spannendes, aber kein neues Unterfangen. Innerhalb der Level soll durch Leistungsgruppen eine passgenaue Abgrenzung der Versorgungslevel erfolgen – Vorbild sollen die Leistungsgruppen der Schweiz sein. Durch die qualitäts- und bedarfsorientierte Vorhaltefinanzierung soll der Mengendruck des heutigen DRGSystems ausgehebelt werden – der Vorschlag der Kommission bewirkt jedoch genau das Gegenteil. Die Versorgungslevel sollen durch sehr detaillierte Leistungsgruppen und Strukturanforderungen definiert werden. Die bestehenden Strukturvorgaben des gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) sollen dafür genutzt und ausgebaut werden. Die Definition der Leistungsgruppen soll über ICD und OPS erfolgen und mit Mindestvorgaben zur Strukturvorhaltung je Leistungsgruppe belegt werden. Künftig sollen Kliniken dann also nicht mehr über Fachabteilungen, sondern Leistungsgruppen verfügen. Die Definition der Leistungsgruppen und die Zuordnung zu den Leveln wird die Leistungsfähigkeit der Kliniken definieren und soll am Ende die weitere Zentralisierung und Bündelung der Leistungsgruppen an weniger Standorten fördern. Dabei dürfen Leistungsgruppen der Kliniken aus niedrigem Versorgungslevel auch von den übergeordneten Level- Kliniken erbracht werden.

In jeder Leistungsgruppe soll dann der Vorhaltekostenanteil definiert und auf Ebene der Leistungsgruppe vergütet werden. Offen bleibt die spannende Frage, wie groß die Region gefasst wird, in der Leistungsgruppen gebildet werden und aus der damit das Vohaltebudget abgeleitet wird. Angedacht ist eine MinMindestanzahl an den dort lebenden Menschen, aber auch die Fallzahl der tatsächlich in der Fallgruppe behandelten Patienten und die Einhaltung der Struktur- und Qualitätsanforderungen sollen berücksichtigt werden.

Das Vorhaltebudget soll sich zusammensetzen aus dem bereits eingeführten Pflegebudget und einem Teil der heutigen aDRG – also aller übrigen Kosten. Die Regierungskommission erwartet, dass sich aufgrund der Anpassungen der Veränderungsdruck auf die Kliniken weiter erhöht und Anreize zum Austausch von Leistungsgruppen oder zur Zusammenlegung von Standorten entstehen. Die dafür notwendigen Investitionen sollen aus der Neuauflage des Strukturfonds finanziert werden. In der Tiefe der Vergütungsreform kommt die Kernbotschaft, dass mit der Zuweisung zu einem Level auch Strukturvoraussetzungen zu erfüllen sind, „um eine qualitativ hochwertige stationäre und verzahnt ambulant/stationäre Versorgung zu ermöglichen“. Die strenge Umsetzung der Versorgungslevel setzt aus Sicht der Kommission definierte Patientenpfade und eine enge Kooperation der Kliniken voraus. Zudem soll die Universitätsmedizin über ihre Zentren und Telemedizinangebote zusätzlich besondere Aufgaben wahrnehmen, die ebenso eine Mindestausstattung erfordern. Der Universitätsmedizin werden etwa Aufgaben der regionalen Steuerung, Innovations- und Zukunftsaufgaben zugeschrieben. Damit hat die in der Reformkommission gut vertretene Wissenschaft sich selbst besonders bedacht.

Die Kliniken des Level 1 (Basisversorgung) sollen wohnortnah ambulante, allgemein- und fachärztliche Leistungen mit Akutpflegebetten ohne Fachgebietsbezug verbinden. Die Umsetzung kann auch als „Gesundheitszentrum“ mit Akutpflegebetten erfolgen. Mit den Kliniken des Level I soll die Verbindung ambulant/ stationär verbessert werden. Zur Umsetzung der sektorenübergreifenden Planung des Levels 1 wird ein regional paritätisch besetztes Gremium unter Beteiligung der Länder vorgeschlagen, um die regionalen Bedarfe und Besonderheiten zu berücksichtigen. Dies ist der einzig innovative und zukunftsweisende Lösungsansatz: Die Planung und Organisation der Versorgung in die Hände der Länder und Regionen zu geben, allerdings sollte dies die Level 1 und 2 Krankenhäuser sowie die ambulante ärztliche Versorgung umfassen. Wie an vielen Stellen kündigt die Kommission einen Vorschlag zur Konsolidierung der Planungsebenen in der Zukunft an.

Was ist also neu?

Es wird ein neues aufwendiges bürokratisches System etabliert, das für die Kliniken keine finanzielle Verbesserung schafft. Im Gegenteil: Kosten- und Fallmengendruck nehmen weiter zu. Das großartig angekündigte Prinzip der Vorhaltefinanzierung bleibt wirkungslos, wenn im ersten Schritt nur 60 % der Kosten als Vorhaltekosten finanziert werden. Das Finanzierungssystem muss den Kliniken am Ende 100 % der Kosten erstatten, sonst wird eine Unternehmensfortführung unmöglich. Meist fehlt es den Kliniken an den letzten 10 bis 15 %. Ursache sind der Rückgang der Fallzahlen und eine unzureichende Ausgestaltung der DRG. Es ist politischer Wille, die Kosten nicht vollständig erstatten zu wollen, um Kliniken aus dem Markt zu drängen und Strukturbereinigung zu erzwingen. Der akzeptierte Kollateralschaden ist die Unterfinanzierung vieler Kliniken in der Fläche.

Werden nun also Vorhaltekosten nur zu 60 % erstattet, bleiben weiterhin 40 % der Kosten, die über das Hamsterrad der reduzierten DRG erarbeitet werden müssen. Wo ist dort nun der wegweisende Unterschied zum jetzigen System? Hinzu kommen die üblichen Abschlagsmechanismen, die neuen Struktur- und Qualitätsanforderungen des G-BA und eine wachsende Bürokratie, die gerade in vielen Bereichen durch eine mangelnde Zahl der Mitarbeitenden und Fachexpertise schwer leistbar sein wird. Wer die Strukturvoraussetzungen in einem bestimmten Zeitfenster nicht einhalten kann, wird dann auch noch Abschläge bei den Vorhaltekosten hinnehmen müssen. Was hilft das den Kliniken und in der Versorgung der Bevölkerung?

Es geht darum, die Gesamtausgaben für Krankenhausbehandlungen zu reduzieren. Der Druck auf die Kliniken wird also weiter steigen. Aufgrund der formulierten Zielvorstellung ist zu erwarten, dass die Vorhaltekosten den Erlös der zukünftigen r-DRG überproportional mindern werden und damit ein gesteigerter Leistungsanreiz auf die letzten Umsatzprozente entsteht. Die Ermittlung der Vorhaltefinanzierung soll verschiedene Faktoren berücksichtigen. Damit ist analytischer und bürokratischer Aufwand vorprogrammiert, das freut die vielen (wissenschaftlichen) Institute, die sich damit beschäftigen dürfen. Kein Patient wird dadurch gesund. Heute erhält ein Krankenhaus sein Gesamtbudget über die Menge der Fälle (DRG). Je besser die Fälle ausgesucht, bzw. die Risiken begrenzt werden, umso höher die Chance auf einen Gewinn. In den letzten Jahren hat sich die Vergütung der kleinen und mittleren Kliniken vor allem in der Fläche dramatisch verschlechtert. Die Vergütung dieser Leistungen reicht nicht aus, um die laufenden Kosten zu decken. Absehbar ist, dass die Zentralisierung einiger Leistungsgruppen auch die Verfügbarkeit dieser Leistungen für die Menschen vor Ort in den Regionen beeinträchtigen wird. Die Bürger werden weite Wege und längere und dringlichkeitsabhängige Wartezeiten aushalten müssen. Auch die Rahmenbedingungen für die Mitarbeiter werden sich kaum verbessern. In der Folge werden Arbeitskräfte aus den Gesundheitsberufen fliehen und das System fragiler machen.

Fazit

Schon immer wurden die Kliniken von der Politik zu maximaler Kosteneffizienz gezwungen. Im DRG-System wurde über das Hamsterrad „mehr Fälle – mehr Erlös“ gelockt. Gleichzeitig wurde aber die Fallvergütung jährlich anhand zurückliegender IST-Kosten angepasst. Hinzu kommt eine steigende Anzahl von ambulanten „Notfällen“, die in keiner Weise kostendeckend finanziert werden. Die Notaufnahmen der Kliniken werden von den Patienten zunehmend als Alternative zur strauchelnden ambulanten ärztlichen Versorgung verstanden. Auch hier Bedarf es dringender Abhilfe, wie auch bei der ambulanten oder stationären pflegerischen Versorgung, damit die Patienten frühzeitig die Kliniken verlassen können. Den „neuen“ Weg des Ministers erleben die Kliniken aktuell bei den Verhandlungen zum Pflegebudget: Die Kostenträger diskutieren jede tarifliche Eingruppierung und hinterfragen die Zuordnung der Mitarbeiter und ihre Aufgaben. Und dennoch bleiben die Kliniken auf den Auswirkungen des Fachkräftemangels sitzen, denn die Kosten für notwendige Leiharbeit werden nur zu 30 % erstattet, so sagt es das Gesetz. Sollten die Kliniken alternativ ihre Pforten schließen und Patienten abweisen? Die Zeiten haben sich grundsätzlich verändert. Musste Politik bisher verhindern, dass zu viele Ärzte, Kliniken und Therapeuten die Kosten treiben und zu viel therapieren, so geht es vielen Kliniken heute nur noch darum, die Patienten überhaupt versorgen zu können, das Personal zu beschaffen, zu halten und die teilweise überbordenden Strukturanforderungen und Bürokratievorgaben zu erfüllen. Zwischen Ballungszentren und ländlichen Regionen liegen hierbei deutliche Unterschiede. Grundsätzlich muss aber gelten, dass die gesundheitliche Versorgung strukturell im ganzen Bundesgebiet vergleichbar ist: Fahr- und Transportzeiten zum Arzt oder Krankenhaus und Zugang zu Spezialversorgung sollten im Vergleich nicht zu weit auseinanderliegen. Diesem Gedanken folgend müssen in überversorgten Regionen Kapazitäten abgebaut werden. Ziel jeder Bundesregierung und der beauftragten Experten in den letzten 30 Jahren war es, die steigenden Kosten in den Griff zu bekommen. Neu ist der Ansatz der integrierten Versorgung der Häuser der Stufe I i in Kooperation mit den niedergelassenen Ärzten und mit Unterstützung durch besonders qualifiziertes nichtärztliches Personal und mit Einbindung der Angehörigen in die Grundpflege. In diesem Punkt ist die Expertenkommission grundsätzlich auf dem richtigen Weg, aber sie hinkt leider den Realitäten hinterher. Denn welche Klinik des angedachten Level 1 ist denn überhaupt als Klinik überlebensfähig? In vielen Regionen gibt es schon keine Krankenhäuser der Stufe 1 mehr und es ist sehr fraglich, ob dieses Modell so umsetzbar ist. Die Attraktivität der Arbeitsplätze entscheidet und die hängt am Standort, am Umfeld, am eigenen Arbeitsanspruch und natürlich an der Work-Life-Balance.

Wenn Kliniken des Levels 1 ausfallen, dann müssen Kliniken des Levels 2 diese Aufgaben ggf. mit Partnern, beispielsweise im Rahmen von Primärversorgungszentren, zusätzlich zu den erweiterten Aufgaben des Levels 2 erfüllen. Die geplanten Leistungsgruppen sollen zu Kooperationen und Absprachen zwischen den Kliniken motivieren. Die Ziele heißen: Effizienzen heben und zentralisieren. Ziel des Ministers war, ist und bleibt es, durch Strukturanforderungen und Mindestmengen die Patienten in zentrale Kliniken zu steuern. Die Regierungskommission hat leider isoliert die Vergütungssystematik der Kliniken und die Krankenhausplanung angeschaut. Die Rahmenbedingungen sind inzwischen dramatisch und der Fachkräftemangel steht erst am Anfang. Nach den Erfahrungen der letzten Jahre ist daher davon auszugehen, dass die Kliniken der Stufe 1 nicht mehr das notwendige Personal finden werden. Es müssen also alternative, integrierte, regional gedachte und organisierte Versorgungsstrukturen her.

Es bleibt spannend, ob Wissenschaft zukünftig in der Lage sein wird, praxistaugliche und übergreifende Lösungsvorschläge zu entwickeln. Auf jeden Fall müssen harte und klare Vorschläge auf den Tisch, um das Gesundheitssystem (als ein integriertes System) zur Versorgung der Bevölkerung zukunftsfähig auszurichten. Der Bürger braucht den transparenten, öffentlichen und kritischen Diskurs, damit eine fundierte Willensbildung zur Zukunft der Gesundheitsversorgung vor Ort überhaupt möglich wird.

Dr. Hans-Peter Schlaudt

Dr. Hans-Peter Schlaudt ist Experte für Krankenhäuser im Strukturwandel. Der Arzt und Manager gründete 1998 zusammen mit Dorit Müller die Unternehmensberatung JOMEC GmbH Healthcare Consulting+Management. Mit der Erfahrung von mehr als 25 Jahren in der Führung und Beratung im Gesundheitswesen will er nun mit dem Blog das Thema Gesundheitsversorgung auf die Tagesordnung setzen.