Abrechnung von Pflegeleistungen / Pflege / pflegekassen

Abzocken leicht gemacht! Missbrauch von Pflegeleistungen

Mitten in der Diskussion um fehlende Pflegekräfte, bessere Bezahlung und attraktivere Arbeitsbedingungen platzt der „Stern“ jetzt mit einer Geschichte über falsch abgerechnete Pflegeleistungen hinein. Und lenkt damit die Aufmerksamkeit auf ein wenig beachtetes, aber umso wichtigeres Thema: die Intransparenz der Sozialbürokratie. In einem Beitrag vom 7. Februar 2019 schreibt das Magazin, sind durch Betrug in der Pflege, Gewinne wie im Drogenhandel zu erzielen – nur weit weniger gefährlich. Genaue Zahlen gibt es nicht, aber es geht um viele Millionen Euro, die jedes Jahr dem System verloren gehen. Im Fokus der Berichterstattung stehen ambulante Pflegedienste, insbesondere eurasische, aber auch die anderer Nationalitäten.

Das Geschäftsmodell der Pflegemafia ist denkbar einfach: Es werden „Patienten“ akquiriert für die Pflegeleistungen abgerechnet, die nicht erbracht werden. Stichproben bei in Verdacht stehenden Pflegedienstleistern haben ergeben, dass die meisten dieser Patienten putzmunter sind.

Bei einem Honorar von durchschnittlich 3.500 Euro pro Pflegefall und Monat bleibt eine Gewinnspanne von 2.500 Euro, rechnet der „Stern“ vor.

Lediglich die Miete und Mitarbeiter für ein Büro, dass den Papierkram mit den Pflegekassen, Sozialbehörden, Beihilfestellen, Pensionskassen und Job-Center erledigt, werden vorgehalten. Hinzu kommt von Bundesland zu Bundesland, von Pflegekasse zu Pflegekasse gelten andere Bestimmungen, Dokumentationspflichten, Ansprechpartner etc. Das haben auch einige der Gauner bemerkt und zu ihrem Vorteil deswegen ein bundesweit agierendes Netz aufgebaut.

Das Problem ist längst bekannt! Bereits 2013 hat sich Transparency International des Themas angenommen – nur getan hat sich bislang so gut wie nichts. Im Gegenteil: Personelle Kapazitäten bei Polizei, Staatsanwaltschaften und den Sozialämtern sind eingedampft worden. Der Staat kommt bei der Verfolgung seiner berechtigten Interessen nicht mehr hinterher. De facto kommt dies einer Einladung an die Betrüger gleich, sich im Pflegeversicherungssystem ungeniert zu bedienen – kontrolliert ja sowieso keiner.

Ich meine, auch dies ist ein Thema für die Konzertierte Aktion Pflege. Wenn man sich vor Augen führt, dass Pflegeschüler bis vor kurzem bei uns noch ihre Schulgebühren selbst zahlen mussten und die Pflegekassen Millionen Euro durch Betrug verlieren, stimmt etwas in diesem System nicht.

Edmund Stoiber, Beauftragter für Bürokratieabbau in der EU von 2007 bis 2014 hat in seiner Amtszeit immerhin 33,4 Milliarden Euro eingesammelt. Das Beispiel zeigt: Es geht, wenn sich jemand unerschrocken ans Werk macht. Ein weiteres Argument: Bis 2030 wird mit 3,3 Millionen Pflegebedürftigen gerechnet, derzeit sind es rund 2,9 Millionen Menschen, die auf Pflegeleistungen angewiesen sind. Der Markt für die Pflegemafia wir also immer lukrativer, schon allein deswegen sollte die Politik und die Selbstverwaltung sich daran machen, die Strukturen der Sozialbürokratie zu entwirren und zu straffen. Das spart dringend benötigtes Geld für die, die es dringend brauchen: die zu Pflegenden wie auch die Pflegekräfte.
Was ist Ihre Meinung? Welche Erfahrungen haben Sie mit Pflegediensten im Allgemeinen und mit der Sozialbürokratie im Besonderen gemacht? Ich freue mich auf Ihre Posts!

Ihr,

H.-P. Schlaudt

Dr. Hans-Peter Schlaudt

Dr. Hans-Peter Schlaudt ist Experte für Krankenhäuser im Strukturwandel. Der Arzt und Manager gründete 1998 zusammen mit Dorit Müller die Unternehmensberatung JOMEC GmbH Healthcare Consulting+Management. Mit der Erfahrung von mehr als 25 Jahren in der Führung und Beratung im Gesundheitswesen will er nun mit dem Blog das Thema Gesundheitsversorgung auf die Tagesordnung setzen.