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Gesundheitsminister Spahn drückt auf die Tube – Neuordnung der G-BA-Methodenbewertung

In Politikmagazinen im Fernsehen werden immer wieder mal Fälle gezeigt, die einem mindestens ein Stirnrunzeln auf die Stirn zaubern. Da werden hochgradig Pflegebedürftige gezeigt, denen eine Pflegeleistung verweigert wird. Menschen, die auf einen Rollstuhl oder sonstige Hilfsmittel angewiesen sind, müssen um deren Erstattung bei den Kassen kämpfen. Mitunter handelt es sich um würdelose Kämpfe gegen die Sozialbürokratie.

Fakt ist: Unser Gesundheitssystem arbeitet hochgradig intransparent und wohl zum Teil auch willkürlich, wenn es um die Erstattung von Leistungen geht. Die unterschiedliche Auslegung der Kassen in manchen Grenzfällen ist das eine; ein anderes Thema ist das Verfahren, wie Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in die Gesundheitsversorgung kommen.

Was wird ambulant und was wird stationär erbracht? Durch die Digitalisierung verschwimmen diese Grenzen zusehends – auch darauf wird die Gesundheitspolitik eine Antwort geben müssen.

Der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) machte jetzt kürzlich auf einer Anhörung des Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) im Bundestag auf ein absurdes Beispiel aufmerksam. Der scheidende BVMed-Geschäftsführer Joachim M. Schmitt berichtete von der Verweigerung der Krankenkassen, Risikopatienten mit Herzrythmusstörungen das Einsetzen eines sogenannten Ereignisrekorder im Krankenhaus zu bezahlen – obwohl die kardiologischen Fachgesellschaften diese Maßnahme in ihren Leitlinien empfehlen. Die Begründung: Diese Leistung kann auch ambulant erbracht werden. Für die ambulante Versorgung liegt aber keine Abrechnungsziffer vor.

Da beißt sich die Katze in den Schwanz! Für Patienten und Versicherte muss das schwer nachvollziehbar sein. Vielleicht geht man in den entsprechenden Gremien der Selbstverwaltung davon aus, – wohlweislich das die Leistung ambulant nicht erbracht werden kann -, dass ein Monitoring des Herzrhytmus‘ im Krankenhaus ausreicht, statt eines kontinuierlichen Monitorings durch einen implantierten Ereignisrekorder. Beispiele wie diese gibt es zuhauf.

Jetzt ist es nicht trivial in einen Gesundheitssystem wie dem der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung mit einem jährlichen Volumen von mehr als 370 Milliarden Euro im Jahr medizinische Leistungen zu rein- und rauszusteuern. Aus gutem Grund überlässt die Politik hochkomplexe medizinische Fragestellungen der Selbstverwaltung dem Gemeinsamen Bundesausschuss bestehend aus Ärzten, Krankenhäusern und Krankenkassen.

Allerdings scheint der G-BA mit der Fülle der Aufgaben und Anforderungen immer mehr überfordert. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn geht jetzt einen bis dato ungewöhnlichen Weg: Entscheidet nicht der G-BA macht es das Ministerium per Verordnungsermächtigung. Das soll die Ausnahme bleiben, versichert Jens Spahn gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Ziel des Ministers ist ein Gemeinsamer Bundesausschuss, der einzelne Entscheidungen über die Aufnahme beziehungsweise Ablehnung eines Verfahrens mitunter Jahre nicht einfach liegen lässt. Wie es zum Beispiel beim Lipödem geschehen ist.

Dieser eingeschlagene Weg ist der richtige. Jahrzehntelang hat die Verteilungsbürokratie der Selbstverwaltung vor sich hingepusselt – unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Eine Politik, die das Agieren der Selbstverwaltung kritisch hinterfragt, unter die Lupe nimmt und gegebenenfalls auch eingreift, ist überfällig. Damit wird deutlich, dass Gesundheit Lösungen braucht und nicht unendliche Debastten.

Welche Erfahrungen haben Sie mit Ihrer Gesundheitsversorgung gemacht? Haben Sie sich auch schon gewundert, was so bezahlt oder auch nicht bezahlt wird? Schreiben Sie mir! Ihr, H.-P. Schlaudt  

Dr. Hans-Peter Schlaudt

Dr. Hans-Peter Schlaudt ist Experte für Krankenhäuser im Strukturwandel. Der Arzt und Manager gründete 1998 zusammen mit Dorit Müller die Unternehmensberatung JOMEC GmbH Healthcare Consulting+Management. Mit der Erfahrung von mehr als 25 Jahren in der Führung und Beratung im Gesundheitswesen will er nun mit dem Blog das Thema Gesundheitsversorgung auf die Tagesordnung setzen.