Politischer Feudalismus – mehr Klarheit und Haltung wagen!

Die Giftspritze für die Demokratie ist die Möglichkeit der persönlicher Vorteilsnahme.
Parlamentarier, die gesellschaftliche Rahmenbedingungen beschließen und damit das Leben von 83 Mio. Menschen bestimmen, müssen über den Dingen stehen und den Interessen des Landes dienen.

Für ihre Aufgaben werden Sie vergütet wie die höchsten Richter im Land. Sie genießen zusätzlich gesellschaftliche Vorteile. Wir tun alles, damit unsere Volksvertreter ihre Aufgabe neutral, ungebunden und ausschließlich im Interesse der Menschen, also jedes einzelnen Bürgers erfüllen. In der Pandemie fehlt es den Abgeordneten der öffentlichen Hand an nichts, keine Kurzarbeit, keine Kürzungen, keine Existenzsorgen.

Dennoch haben sich die Abgeordneten zusätzliche Freiräume für Nebentätigkeiten geschaffen. Zusätzliche Jobs, die nur Wenige in Ihrem „bürgerlichen Leben“ bekleiden oder ausfüllen würden.

So werden Aufsichtsratsmandate ausgeübt, Beratungshonorare für Vorträge oder Kontaktvermittlung eingestrichen. Jedem Arbeitnehmer kann der Arbeitgeber die Nebentätigkeit verweigern, wenn diese im Wettbewerb oder Widerspruch zu den eigentlichen Dienstaufgaben steht.
Steht dem nicht allein vom Grundsatz der Neutralität und Unabhängigkeit jede zusätzliche Tätigkeit eines Abgeordneten im Wege? Statten wir nicht deshalb jeden Abgeordneten auf dem Niveau eines Bundesrichters aus, damit er neutral und ungebunden agieren kann?

Die aktuellen und vergangenen Fälle zeigen, dass wir in der Politik eine neue Kultur der „Sauberkeit“ und der Bürgertreue brauchen, wenn wir nicht in eine Art Feudaldemokratie abrutschen wollen, die Gefahr läuft von Geldgebern beherrscht und gesteuert zu werden.
Haltung, Anstand, Ehrlichkeit und Transparenz zeichnet viele Abgeordnete aus. Die Gruppe der Vorteilsnehmer und Intransparenten scheint aber noch riesig, verfolgt man die Debatten um die anstehenden Transparenzregeln.

Es geht in der aktuellen Diskussion noch nicht einmal darum seine ganze Kraft der Aufgabe und damit den Wählern und Bürgern zu widmen, es geht „nur“ darum die Geschäfte dem Präsidium des Bundestages anzuzeigen. Vielleicht haben wir noch zu viele tradierter Abgeordnete, die sich von und mit dem Mandat einen persönlichen Vorteil erwarten – manche sind sich auch nicht zu schade diesen aktiv einzufordern.

Wie sollen die Bürger an das Gute im Staat glauben, sich einsetzen und verzichten, wenn Abgeordnete auf der anderen Seite mit der Not der Situation und ihren Kontakten zum eigenen Vorteil das große Geld verdienen?
Ist es denn so schwer, warum nicht so?: Bundestagsabgeordnete dürfen neben dem Mandat keine Aufsichtsratsmandate außerhalb der öffentlichen Unternehmen ausüben. Nebentätigkeiten sind grundsätzlich nicht zulässig, oder vielleicht noch im angestammten Beruf vor Mandatsantritt?

Ist das unverhältnismäßig hart? Dann gehört jeder Euro auf den Tisch, um Bestechlichkeit und Vorteilsnahme auszuschließen. Alle Umwege über sogenannte „family and friends“ Modelle müssen selbstverständlich ebenso verstellt werden.
Der Verzicht auf oder das Verbot von Nebentätigkeiten könnte ein echter Meilenstein für die bevorstehenden Wahlprogramme und die Koalitionsverhandlungen werden.
Wer will, der findet immer Umwege, er sollte aber wissen, dass er sich damit auf strafbarem Terrain bewegt.

Ihr,
H.-P. Schlaudt

Dr. Hans-Peter Schlaudt

Dr. Hans-Peter Schlaudt ist Experte für Krankenhäuser im Strukturwandel. Der Arzt und Manager gründete 1998 zusammen mit Dorit Müller die Unternehmensberatung JOMEC GmbH Healthcare Consulting+Management. Mit der Erfahrung von mehr als 25 Jahren in der Führung und Beratung im Gesundheitswesen will er nun mit dem Blog das Thema Gesundheitsversorgung auf die Tagesordnung setzen.